Dorothea Minkels, Minutoli-Gesellschaft Berlin e.V.

 

Vortrag im Kulturzug nach in Legnica / Polen am 25.1.2020:

 

 

 

 

Dorothea Minkels

 

Museum Minutoli, das 1. Kunstgewerbemuseum der Welt – 1844-1869 in Liegnitz !

 

Der studierte Wirtschaftsökonom Alexander Menu von Minutoli (1806-1887) arbeitete bei der Provinzialregierung in Liegnitz. Sie hatte ihren Sitz im Erdgeschoss des Schlosses. Der Regierungs-Assessor, später Regierungsrat Minutoli war für sämtliche Gewerbe- und Gewerbe-Polizei-Angelegenheiten zuständig. Viele Menschen in Schlesien waren verarmt, weil ihre Produkte keine Abnehmer mehr fanden. In der Zeit der zunehmenden Maschinen-Weberei waren die Lager mit schwer verkäuflichen unmodernen Handarbeiten der Spinner und Weber überfüllt. Die mangelhafte unschöne Qualität betraf auch die anderen Gewerbe. Minutoli teilte in seinen Büchern mit: Schon seit dem Jahre 1839 hatte ich selbst die Idee der Veredlung unserer Industrie durch das Zurückgehen auf die Antike im Vaterlande angeregt und zur Verwirklichung das Institut der Vorbildersammlung hierselbst gegründet. Das heißt, er hatte 1839 begonnen, Objekte zu sammeln, die Handwerkern und Fabrikanten als Vorbilder dienen konnten. Zu dieser Zeit hatte er schon die Gründung eines Gewerbe- und Kunst-Museums für Schlesien vor Augen. Ab 1840 war ihm vom König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen der General-Auftrag für das Riesen-, Sudeten-Gebirge und die Grafschaft Glatz zur Aufhülfe der dortigen Industrie und des herabgekommenen Wohlstandes erteilt worden.

 

Ende 1842 wurde Minutoli nach Süddeutschland und Italien gesandt, um Vorbilder zu erwerben. Um geschickte Handwerker und Fabrikanten in eine wettbewerbsfähige Lage zu versetzen, verlieh Alexander die Vorbilder und ermöglichte das Abzeichnen. Damit 1844 noch vor der Eröffnung großen Berliner Gewerbeausstellung des deutschen Zollvereins gleichen Teilnahme-Bedingungen für alle Handwerker und Fabrikanten geschaffen wurden, öffnete Minutoli ab April 1844 seine Wohnung in der Goldbergerstrasse 33 in Liegnitz an Sonntagen von 11-1 Uhr und von 4-6 Uhr zur Besichtigung seiner Sammlung von Erzeugnissen der Industrie der Vorzeit zum Besten des hiesigen Frauen-Vereins. Das summarische Verzeichnis der gesammelten kunstgewerblichen Gegenstände belegt, dass die Sammlung schon 1844 aus 3.687 Stücken, vor allem Keramik und Glas, bestand. Vieles war aus dem Familienbesitz beigesteuert worden. In Liegnitz war damit das 1. Kunstgewerbemuseum der Welt entstanden. In seiner Vorbildersammlung für Handwerker und Fabrikanten hat Alexander von Minutoli die Trennung zwischen Gewerbe und Kunst aufgehoben, die in Berlin noch heftig verteidigt wurde.

 

Da Minutolis Wohnung für die kunstgewerbliche Ausstellung zu klein geworden war, erhielt er 1845 vom König die Erlaubnis, mit der Sammlung in für Aufenthalte des Königs und seines Gefolges reservierte 12 Räume im Obergeschoss des Liegnitzer Schlosses zu ziehen. Während der Umbauarbeiten sollte er wieder auf Reisen in den Süden gehen, um die Sammlungen zu erweitern. Minutoli gliederte seine zahlreichen Sammlungsobjekte in eine technische und eine historische Sammlung.

 

1855 begann der Pionier mit der Herausgabe der ersten Bände Museum Minutoli mit 950 Tafeln weiterer fotografierter „Vorbilder“ in interessanten Arrangements für nun insgesamt 90 Handwerksberufe. Nach dem 9. Band „Museum Minutoli“ hatte er 1868 fotografische Wiedergaben von mehr als 4.500 Objekten. Der Name weist darauf hin, dass die Objekte aus dem Besitz von mehreren Mitgliedern der Familie Minutoli, vor allem Heinrich, Adolf, Julius und Alexander stammen.

 

Da beim Verleihen an Handwerker immer wieder Sammlungsobjekte beschädigt zurückgekommen waren, begann Minutoli nach der Erfindung einer frühen photographischen Technik auf Kupferplatten durch den Franzosen Louis Daguerre mit Versuchen zur Abbildung von besonders interessanten Sammlungsobjekten.-1853 war Minutoli nach 13 Jahren Daguerreotypie seiner Objekte auf staubempfindlichen Kupferplatten, die unter Glas gerahmt werden mussten, technisch in der Lage, seine alten Aufnahmen von den vielen vorhandenen belichteten Platten nochmals auf Papier abzufotografieren. 1854 erschienen die ersten 7 Lieferungen von 42 Tafeln der Sammlung der Vorbilder für Handwerker und Fabrikanten. 1857 bestand die Sammlung Minutoli aus 28.000 Vorbildern. Schränke und Regale waren gut gefüllt.

 

Nachdem König Friedrich Wilhelm IV. Alexander 6 weitere Räume im Schloss zur Verfügung gestellt hatte, konnte Minutoli sie nun in 18 Räumen auf einer Fläche von 1.777 m2 verteilen. Am 1. Mai 1857 traf sich der Kunstindustrielle Verein zu Liegnitz zu seiner ersten Versammlung, um eine große, mehrmonatige Ausstellung vorzubereiten. Von großer Bedeutung war, dass Minutoli dazu die Räume nach seinen Vorstellungen von einem Museum mit Verzierungskunst dekorieren durfte. Es machte daraus eine Arbeitsbeschaffungs- und Ausbildungsmaßnahme: Er beschäftigte viele schlesische Handwerker damit, Tischler-, Tapezierer, Maler, Bildhauer, Schlosser, Drechsler, Glaser, Lithographen. Im Raum 4 zur Renaissance in Südeuropa ließ er Karyatiden aus Istrischem Marmor aus der Werkstatt des berühmten Bildhauers der Renaissance in Venedig, Sansovino, einbauen. Für insgesamt 586 Taler passte Minutoli die Säle architektonisch an die jeweils vorgestellte Zeit an: Raum 1 für das klassische Alterthum wurde zum Abbild eines Zimmers in dem berühmten Hause des Diomedes zu Pompeji mit allen seinen Verzierungen und Wandmalereien und vielen Ausgrabungen, gerade wie es nach 1800 Jahren (1774) wieder ans Tageslicht gekommen war. Hier wird er antike Gläser, griechische Marmorskulpturen, die Psyche von Tenerani und die Korkmodelle berühmter Bauten der Antike aufstellen. Es gab je einen Raum für das Mittelalter im Süden Europas, im Norden, für die Renaissance-Zeit.

 

Vom 7. Juni 1857 bis Ende November 1857 präsentierte Minutoli seine Sammlungen und die der anderen Familienmitglieder in einer großen Ausstellung in den 18 Räumen zwischen den beiden Türmen des Liegnitzer Schlosses. 220 Personen arbeiteten im Ausstellungsbetrieb mit. Den Billet-Verkauf machte freiwillig ein Liegnitzer Kaufmann. Die Besucher bekamen einen lithografierten Grundplan der Ausstellung mit den generellen Bezeichnungen. Das Liegnitzsche Stadtblatt hatte unter dem Titel Wanderung durch die Ausstellung einen Leitfaden für die Besucher veröffentlicht. Die Sammlungen und neuen Ausstellungs-Prinzipien interessierten 6000 Personen aus ganz Europa von Spanien, England, Belgien, Frankreich, Russland, die sich nach Schlesien begaben. Nachdem König Friedrich Wilhelm IV. im Juli 1857 einen Schlaganfall erlitten hatte, kam am 16. August 1857 sein Neffe Friedrich von Preußen, der spätere Kaiser, zum Besuch der Ausstellung. Er wird 10 Jahre später mit seiner Gemahlin Victoria von England die Gründung des Berliner Kunstgewerbemuseums forcieren.

 

Zwischen 1859-1862 verkaufte Minutoli 3200 ausgewählte Objekte zur Aufstellung in der Königlichen Kunstkammer im Neuen Museum in Berlin. Der Verkauf von 3 Abteilungen seiner Sammlungen, Glas, Keramik und Gewebe, 4000 Objekten, an den preußischen Staat fand erst 1869 statt, 2 Jahre nach der Gründung des Vereins für das Berliner Museum. Weitere Objekte verkaufte Minutoli privat bei Auktionen unter anderem an die Museen in Breslau und Brünn. Minutolis Ideen waren Vorbilder für das englische Industriemuseum und Museen in aller Welt.

 

Die wertvollen Reste der Sammlungen brachte er in sein Schloss Friedersdorf bei Lauban.

 

Kurz vor seinem 81. Geburtstag starb Dr. phil. Alexander von Minutoli am 17. Dezember 1887 in seinem Schloss Friedersdorf nach einem Schlaganfall.

 

Von den circa 7000 Objekten aus der Sammlung Minutoli, die ab 1869 ins 1. Berliner Kunstgewerbemuseum, heute Gropius-Bau genannt, gekommen waren, haben nur 1.200 den 2. Weltkrieg überstanden. Von den 6 Lastwagenladungen mit Kunstwerken aus dem Schloss Friedersdorf sind viele Objekte und Mappen mit Zeichnungen ins Nationalmuseum Warschau, andere Zeichnungen und Ölgemälde und Bücher nach Krakau, Akten aus dem Jahr 1887 z.B. nach Grünberg gelangt. Die Antikensammlung von Heinrich von Minutoli mitsamt ihrem Schubladenschränkchen mit antiken Glaspasten und 9 Bänden mit 4.500 lithographischen Tafeln von Daguerreotypien der herausragenden Sammlungsobjekte landete im Warschauer Nationalmuseum. Von seinen antiken Glaspasten, von denen Alexander im Jahr 1887 700 Abbildungen in farbigem Lichtdruck herauszugeben versuchte, gab es fünf Probedrucke. Ihren noch unbekannten Aufbewahrungsort, aber auch den der Tagebücher, Briefe und vieler Zeichnungen würde die forschende Minutoli-Gesellschaft gerne kennen. Das Familien-Foto-Album wurde von einigen Jahren für 350 € bei Ebay ins Ausland versteigert.

 

Besonders wertvolle Ölgemälde sind heute im Metropolitan Museum in New York, andere in der Berliner Gemäldegalerie und dem 1889 gegründeten Breslauer Nationalmuseum. In Breslau sind auch zahlreiche Hinterglasbilder und bemalte alte Gläser aus der Sammlung Minutoli.

 

 

 

Mehr zum Thema finden Sie in dem 691-seitigen, farbig reich bebilderten Buch:

 

 

 

Margret Dorothea Minkels:

 

Alexander von Minkels,

der Gründer des 1. Kunstgewerbemuseums der Welt (1844) mit einem Beitrag von Zygmunt Wielowiejski zur frühen Fotografie.

BoD Norderstedt 2018, ISBN 978-3-7460-6982-1

 

Kurzfassungen im 1. Buch der Minutoli-Gesellschaft Berlin e.V. (Herausgeber):

Joachim S. Karig, Dorothea Minkels:

Heinrich Menu von Minutoli und seine herausragende Familie

BoD Norderstedt 2019, ISBN 978-3-7481-7568-1

 

 

Kontakt:                                    

Dorothea Minkels,

1. Vorsitzende der Minutoli-Gesellschaft Berlin e.V.

Oranienburger Chaussee 40 B

D-13465 Berlin              

Mail: dminkels@t-online.de